Christliche Orientierung - Ethik

Ethische Fragen während der Corona-Zeit

Wie vertretbar sind die harten Corona-Maßnahmen

Das Jahr 2020 war eine außergewöhnliche Zeit. Die Worte „Corona“ und „Covid-19“ sind allen Einrichtungen im Gesundheitswesen, auch unseren Krankenhäusern und Altenheimen, noch immer sehr bewusst. Und die Auswirkungen der „ersten Welle“ sind nach wie vor präsent.

 

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Vera Meyer ist Seelsorgerin im St. Agatha Krankenhaus.

Derart massive Einschränkungen des gesellschaftlich-öffentlichen Lebens und der persönlichen Freiheit zu erleben, das war neu in Deutschland, auch für uns im Gesundheitswesen. Ebenfalls neu und lebensbedrohlich waren das Auftreten des Coronavirus und die massenhafte Infektion von Menschen überall auf der Welt sowie die hohe Mortalitätsrate von Corona. Nie zuvor gab es einen Lockdown, das systematische Herunterfahren des gesellschaftlichen Lebens.

Die Plausibilität für die Corona-Maßnahmen war anfangs groß – unser Gesundheitssystem musste vor Überforderung abgeschirmt werden und vor allem ältere, vorerkrankte Menschen mussten geschützt werden. Mit den vielen Maßnahmen kamen dann aber immer mehr Fragen: Darf man älteren Menschen, um sie gesundheitlich zu schützen, den Kontakt zu Bezugspersonen verbieten? Darf man Bewohner einer Pflegeeinrichtung über längere Zeit an das Haus binden und ihnen jeden Gang nach draußen verwehren? Darf man sie ihrer Freiheit und Autonomie, wenn auch auf Zeit, berauben? Ist der Wert des physischen Lebens höher zu schätzen als das psychisch-soziale Wohlbefinden? 

Kein Besuch wegen Corona – ethisch vertretbar?

Als Seelsorgerin habe ich im Frühjahr erlebt, wie schwer es für die Patientinnen und Patienten war, wegen Corona keinen Besuch ihrer Bezugspersonen zu erhalten. Auch für die Angehörigen war es fast unerträglich. Sie konnten den Partner, die Mutter oder den Vater, den erwachsenen Sohn oder die Tochter nicht besuchen, trösten oder beruhigen, nicht versorgen oder bei OPs mental unterstützen. Nur im Falle des nahen Todes war trotz Corona der Besuch in unseren Einrichtungen möglich. So wurden Ängste und Fantasien bei den Angehörigen genährt und verstärkt.

In dieser Hinsicht hat die Corona-Krise zwar Leben geschützt, aber auch viel Leid produziert – wenn man mal von den wirtschaftlichen Turbulenzen ganz absieht. Durch das Coronavirus wurde unser Gesundheitssystem auf die Probe gestellt. Vielen von uns ist dabei bewusst geworden, wie gut wir in Deutschland noch aufgestellt sind. Ein solches Gesundheitssystem lassen wir uns etwas kosten. Und ich hoffe, dass bei allen Rationalisierungen im Gesundheitswesen dieses Bewusstsein bleibt.

Dass lebensnotwendige Materialien wie Schutzkleidung eben nicht in Fernost billig eingekauft, sondern in Deutschland produziert und vorgehalten werden – auch das ist eine ethische Frage, die wachgehalten werden sollte. Es gäbe noch zahlreiche weitere ethische Fragen zu Corona zu stellen – so die wichtigen Fragen rund um die Priorisierung und Rationalisierung der vorhandenen gesundheitlichen Ressourcen: Wer erhält wann welche Leistungen? Das aber würde den Rahmen sprengen.

St. Agatha Krankenhaus
Feldgärtenstraße 97
50735 Köln-Niehl
Telefon 0221 7175-0
www.st-agatha-krankenhaus.de

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