Das Wirken der Ordensschwestern der Cellitinnen in St. Vieth, Belgien

Deutsch-belgische Zusammenarbeit

Ein Besuch in St. Vith

Bisher haben wir in „Höchstpersönlich“ immer eine Person vorgestellt. Diesmal ist die Erzählung das Ergebnis eines Besuches in St. Vith in Belgien. Dort leben sieben Schwestern der Genossenschaft der Cellitinnen nach der Regel des heiligen Augustinus. Die Gemeinschaft war vor 133 Jahren in die Stadt gekommen, um ein Krankenhaus aufzubauen. Heute wird die Klinik St. Josef von Geschäftsführerin Ingrid Mertes geleitet.

Schwester M. Margarithis, Sie sind Konventoberin in St. Vith. Was ist das Besondere an Ihrer Gemeinschaft? 

Schwester M. Margarithis: Nun, wir sind alle Belgierinnen und mit der Region sehr verwurzelt. Schwester M. Anysia zum Beispiel war Hebamme und kennt daher fast alle St. Vither. Ich habe über 25 Jahre im Krankenhaus als Pflegedienstleitung gearbeitet und bin seit 1998 Konventoberin. Heute sind die Schwestern in der Seelsorge im angrenzenden Altenheim oder in der Pfarrei tätig.

Ingrid Mertes ist Geschäftsführerin des St. Vither Krankenhauses

Das Krankenhaus ist bei Ingrid Mertes in guten Händen.

Ingrid Mertes (lacht): Aber wir haben noch immer eine ganz enge Verbindung: Bei uns sagt man nämlich „ich gehe ins Kloster“, wenn man ins Krankenhaus muss. Und als ich 1991 Geschäftsführerin wurde, konnte ich sagen: „Ich bin Chefin im Kloster geworden.“ Ich wurde hier im Hause übrigens geboren. 

Das Wirken der Ordensschwestern der Cellitinnen in St. Vieth, Belgien

Wodurch unterscheidet sich denn ein deutsches von einem belgischen Krankenhaus? 

Ingrid Mertes: Wir haben ein Drittel frankophone Patienten. Das ist eine Herausforderung. Die Patienten honorieren aber die Bemühungen der Mitarbeiter, sich in der jeweiligen Zweitsprache zu verständigen. Eine weitere Besonderheit ist vielleicht, dass die Ärzte in Belgien selbstständig sind und eigenständige Belegabteilungen in den Kliniken führen, während das medizinische Personal in Deutschland im Krankenhaus angestellt ist. 

Spielt die Grenze noch eine Rolle?

Ingrid Mertes: Oh, ja! Wir stehen sozusagen mit dem Rücken an der Grenze, denn in puncto Krankenversicherung besteht sie heute noch. Die Bewohner in den deutschen Nachbargemeinden zögern oft, sich bei uns in Belgien behandeln zu lassen, obwohl es ein Katzensprung wäre. Sie fahren manchmal sogar bis Trier, um dem Papierkram aus dem Weg zu gehen. Wenn sich hier etwas ändern würde, wäre das eine Win-win-Situation für alle Beteiligten. 

Das Interview führte Ann-Christin Kuklik, Leitung Stabsstelle Unternehmenskommunikation, Stiftung der Cellitinnen e. V., Köln. 


Historie 

Das Wirken der Ordensschwestern der Cellitinnen in St. Vieth, Belgien

Am 14. Oktober 1882 kamen Schwester M. Josefa, Schwester M. Scholastika und Schwester M. Mechtildis von den Cellitinnen nach der Regel des hl. Augustinus nach St. Vith in Belgien und nahmen die Arbeit in der Krankenpflege auf. Ihr Eintreffen war sehnlichst erwartet worden: Die Eifel war arm, es gab kaum medizinische Grundversorgung und die Bevölkerung litt unter Missernten. Zwei Jahre zuvor hatte sich schon ein „Hospital Comité“ gebildet, das die Gründung eines Krankenhauses voranbringen wollte und dafür bei der Bevölkerung Spenden sammelte. Im Frühjahr 1885 begann man mit dem Bau des St. Josef Hospitals, welches ein Jahr später den Betrieb aufnahm. In den Folgejahren wurde auch noch ein Kindergarten, ein Waisenhaus und eine Haushaltsschule eröffnet.

Das Wirken der Ordensschwestern der Cellitinnen in St. Vieth, Belgien

Den Ersten Weltkrieg erlebten die Schwestern hautnah, war St. Vith doch der westlichste Zipfel der preußischen Rheinprovinz und diente das Krankenhaus als Lazarett. Nach dem Krieg änderte sich die politische Situation: St. Vith stand fortan unter belgischer Verwaltung und Französisch wurde Amtssprache. Die nun aus Belgien stammende Konventoberin musste das Haus „unter den neuen Verhältnissen fast neu gründen“ und die Schwestern schlossen sich zu einem Verein ohne Erwerbszweck zusammen. 

Das Wirken der Ordensschwestern der Cellitinnen in St. Vieth, Belgien

Auch nach dem Zweiten Weltkrieg wagten die Schwestern der Cellitinnen einen Neuanfang. Weihnachten 1944 war das Kloster mit allen angrenzenden Gebäuden durch Bomben komplett zerstört worden. Ende 1946 war das Behelfsheim bezugsfertig und 1953 eröffnete der Neubau des Krankenhauses. 1976 legte die Genossenschaft der Cellitinnen ihre bis dahin alleinige Verantwortung für das Krankenhaus nieder und die Vereinigung ohne Erwerbszweck (VoE), mit Mitgliedern aus der Christlichen Krankenkasse, mit Ärzten aus der Gegend sowie Ordensschwestern, übernahm die neue Aufgabe. Im Jahr 1988 wurde der Verwaltungsrat um Vertreter der fünf Gemeinden erweitert.

Das Wirken der Ordensschwestern der Cellitinnen in St. Vieth, Belgien

2003 zog sich die Ordensgemeinschaft komplett aus dem Krankenhausbetrieb zurück, schenkte Grund und Boden sowie Gebäude der Vereinigung und übergab ihre Anteile an das katholische Dekanat. Das Krankenhaus gehört heute zu unterschiedlichen Teilen der Kommune, dem Dekanat St. Vith der Katholiken in der Deutschsprachigen Gemeinschaft Belgiens, der Christlichen Krankenkasse und Vertretern der Ärzteschaft. 

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