Auf dem Strand zum Meer
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Das Gezeiten-Modell: Hilfe auch bei depressiver Verstimmung

Ein Genesungsmodell in der psychiatrischen Therapie

Noch mehr Unterstützung für psychisch kranke Patienten, beispielsweise mit depressiver Verstimmung: Mit der Eröffnung der Station Augustinus, einer offenen allgemeinpsychiatrischen Station des St. Agatha Krankenhauses, wurde als pflegerisches Konzept ein Assessment, also eine Art Fragebogen, für Aufnahmegespräche erarbeitet. Nach mehreren Recherchen entschieden wir uns für das Gezeiten-Modell nach Barkers.

Entwickelt wurde dieses Modell Mitte der 1990er-Jahre von dem britischen Ehepaar Phil Barker und Poppy Buchanan-Barker als Genesungsmodell für die psychiatrische Therapie mit philosophischem Ansatz. Dieser zielt darauf ab, Betroffene mit Krankheiten wie depressiver Verstimmung und ihre Geschichten personenzentriert zu verstehen. Das Modell basiert auf der theoretischen Grundlage der interpersonalen Beziehung in der Pflege nach Hildegard Peplau. In der Praxis setzt es den Recovery-Gedanken um. Recovery bedeutet hier „einen Schritt nach dem anderen machend“, auf der Suche nach einem gemeinsamen Prozess zwischen Betroffenen und professioneller Pflege. 

Die See als Metapher

Aufgebaut ist das Gezeiten-Modell um die Metapher der See, die in ständiger Bewegung ist. Es wird die Vorstellung einer Schiffsreise auf dem Ozean der Erfahrungen beschrieben. Sie ist verbunden mit vielen Entdeckungen über sich selbst und das Leben. Manchmal setzen sich Menschen Ziele, manchmal lassen sie sich treiben.

Was passiert jedoch, wenn Menschen in eine Flaute oder ein Unwetter geraten, etwa in eine Phase von Antriebslosigkeit oder depressiver Verstimmung?  Oder wenn das Schiff mit einem Felsen kollidiert und es Leck zu schlagen droht, zum Beispiel in Form einer Psychose? Oder wenn ein Mensch sich selbst überschätzt hat, sich einsam und überfordert fühlt? Dann ist es gut zu wissen, dass Hilfe in Anspruch genommen werden kann, um sein Schiff in einen sicheren Hafen schleppen zu lassen. Dort kann es wieder seetauglich gemacht werden. Derjenige selbst tankt Kraft und kann für Vorräte sorgen. Der Hafen ist hierbei der stationäre Aufenthalt. Pflegende stehen den Patienten von der Aufnahme bis zur Entlassung als „Hafenarbeiter“ begleitend zur Seite. 

Gespräche bei Psychose oder depressiver Verstimmung

Aktuell arbeiten wir auf der Station Augustinus mit dem ganzheitlichen Assessment und wöchentlichen Einzelsitzungen, sogenannten Bezugspflegegesprächen. Das ganzheitliche Assessment für das Aufnahmegespräch umfasst Fragen zu Vergangenheit, Gegenwart, Ressourcen und zu Vorstellungen über die Zukunft. Während der Bezugspflegegespräche werden Probleme, Erfahrungen und Ansichten der betroffenen Person protokolliert, die im Anschluss die Basis für eine individuelle Pflegeplanung sind. 

Mit diesem Wissen und der Anwendung geeigneter Maßnahmen leiten wir unsere Patienten zur Selbsthilfe an. Das Assessment und die Protokolle der Bezugspflegegespräche strukturieren weitere Gespräche, in denen sich unsere Patienten ohne Einengung öffnen können. Viel eher schaffen wir hierdurch Transparenz für beide Seiten.

Durch dieses gemeinschaftliche Arbeiten fördern wir den Genesungsprozess nachhaltig. Die Implementierung des Gezeiten-Modells war für alle beteiligten Kollegen und Kolleginnen eine große pflegerische und persönliche Herausforderung. Der Erfolg zeigt uns, dass es hilfreich war, sich gemeinsam als Team auf die Arbeit mit dem Gezeiten-Modell einzulassen, um so Patienten mit Krankheiten wie Psychosen oder depressiver Verstimmung noch besser helfen zu können.  

St. Agatha Krankenhaus
Feldgärtenstraße 97
50735 Köln-Niehl
Telefon 0221 7175-0
www.st-agatha-krankenhaus.de

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