Neben den rein medizinischen Problemen stand und steht immer auch die Lebensqualität bei der Beatmung im Fokus meiner Arbeit. Meine Überzeugung, Betroffenen trotz schwerwiegender Einschränkungen ein möglichst selbstbestimmtes Leben zu ermöglichen, erscheint mir als erstrebenswertes Ziel meiner Tätigkeit.
Was ist Lebensqualität für Patienten unter Beatmung?
Deshalb habe ich im Rahmen einer Weiterbildung die einrichtungsbezogenen Aspekte zur Steigerung der Lebensqualität bei Patienten unter Beatmung untersucht. Zunächst stellt sich natürlich die Frage: Was ist denn Lebensqualität überhaupt? Spezialisierte Aussagen zur Lebensqualität langzeitbeatmeter Menschen sind schwierig zu konkretisieren. Kennzeichnend für viele Erhebungsmethoden ist das singuläre Erfassen von Krankheit und deren Auswirkung auf die Lebensqualität. Es wird also von einer isolierten Diagnose, deren möglicher Therapie und Prognose ausgegangen.
Die Lebenswirklichkeit vieler dauerhaft beatmeter Menschen ist allerdings kein isoliertes Initial, sondern die Beatmung ist ein Ergebnis mehrerer vorangegangener Erkrankungen und/oder Einschränkungen. In meiner Arbeit habe ich exemplarisch die unterschiedlichen Bedürfnisse von langzeitbeatmeten Menschen zu Hause im Vergleich zu jenen in Altenhilfeeinrichtungen anhand einiger Themenkomplexe untersucht: Interventionsmöglichkeiten, Infrastruktur, Mobilität, Kommunikation, Ernährung und medizinische Aspekte. Resümee war, dass sich die Bedingungen und Bedürfnisse, um die Lebensqualität zu steigern, zu Hause sehr deutlich von denen in Altenhilfeeinrichtungen unterscheiden.
Welche Rolle spielt die Einrichtung?
Anschließend habe ich die anerkannten Erhebungsmethoden und -instrumente, die näherungsweise mit dem Gebiet Beatmung/Atmung zu tun haben, mit der Fragestellung untersucht, welchen Stellenwert einrichtungsbezogene Aspekte zur Lebensqualität haben. Ein spezifisches Messinstrument für die außerklinische Beatmung liegt nicht vor. Einrichtungsbezogene Aspekte zur Lebensqualität werden in keinem der oben genannten Instrumente als Kriterium herangezogen, obwohl die Einrichtung Lebensmittelpunkt für die betroffenen Bewohner und oft auch der Angehörigen ist.
Lebensqualität in der Beatmungspflege St. Severinus
Was heißt denn nun Lebensqualität für uns in der Beatmungspflege St. Severinus? Wir möchten das Leben in der Einrichtung so gestalten, dass sie als Zuhause erlebt wird. Uns ist wichtig, dass die Technik Sicherheit und Zuverlässigkeit (Akkukapazität, Notstromversorgung) gibt, genauso wie die medizinische Kooperation mit dem Krankenhaus. Ebenfalls hat die soziale Teilhabe bei uns einen besonderen Stellenwert.
Trotz der Beatmung können die Bewohner viele Dinge zusammen erleben: Herr Ketteniß zum Beispiel liebt den gemeinsamen Sport mit seiner Partnerin und Herr Urban schenkt uns immer sein Lächeln. Unsere Tagesstruktur gibt den Bewohnern Normalität. Für Abwechslung sorgen die gemeinsamen Feste, die schönen Konzerte genauso wie unsere Gottesdienste oder der Besuch von St. Martin. Dass auch für Patienten unter dauerhafter Beatmung so eine hohe Lebensqualität erreicht werden kann, zeigt die Aussage einer Bewohnerin, die in einem Aufsatz für eine Zeitschrift schreibt: „Dies ist nicht das Leben, das ich mir ausgesucht habe – aber mir geht es gut.“
