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Altersbilder im Wandel

(K)Eine Frage des Alters

Wir alle haben Vorstellungen, wie das Alter aussieht. Man nennt diese Vorstellungen auch Altersbilder. Diese Altersbilder sind zum Teil sehr unterschiedlich.

In ihren Köpfen sehen manche, wenn sie an Alter denken, nur die in Schwarz gekleidete Oma. Andere sehen die fitten Senioren in bunten Sportsachen im Fitnessstudio. Wir möchten mit diesem Artikel kurz auf die Veränderungen dieser Altersbilder im Laufe der Zeit eingehen und mögliche Erklärungsansätze der Veränderungen im Alter aus Literatur und Wissenschaft vorstellen.

„Ohn Aug, ohn Zahn, Geschmack…“

Im Alten Testament werden die Würde und die Weisheit der „Alten“ hervorgehoben. Sie sind wegen ihrer besonderen Fähigkeiten besonders für hohe Ämter geeignet. Nicht anders sehen das zum Teil die Alten Griechen wie Homer. Aber wir finden auch negative Altersbilder, wie das Alter als von Streitsucht geprägt oder als unheilbare Krankheit.

William Shakespeare (1564-1616) teilt den Lebenslauf in sieben Stufen. In seinem Werk „Wie es euch gefällt“ schreibt er: „Der letzte Akt, mit dem die seltsam wechselnde Geschichte schließt, ist zweite Kindheit, gänzliches Vergessen. Ohn Aug, ohn Zahn, Geschmack und alles.“
Arthur Schopenhauer (1788-1860) stellt fest, dass die Jugend von Leidenschaft hin und her gerissen werde, im kühlen Alter aber die Erkenntnis frei werde und die Oberhand gewinne.
Für Johann Wolfgang von Goethe (1749-1832) gilt es, im Alter „das neue Rollenfach zu übernehmen“. Sicher spiegeln sich in den Einzeläußerungen über Veränderungen des Alters die persönlichen Erfahrungen des jeweiligen Autors wider. Sie bedeuten überwiegend Verlust, manchmal aber auch Gewinn oder die Chance zur Veränderung.

Und dies geht uns heute nicht anders: Wer in der Altenpflege arbeitet, sieht überwiegend die pflegebedürftigen alten Menschen und läuft Gefahr, Alter mit Pflegebedürftigkeit gleichzusetzen. Das Personal auf Kreuzfahrtschiffen hingegen erlebt die „neuen Alten“ und wird vermutlich ganz andere Altersbilder entwerfen.

Systematische Altersforschung

Wissenschaft – so wie wir sie heute verstehen – ist bemüht, über diese individuellen Beschreibungen und Meinungen hinauszugehen und objektive Kriterien herauszufinden, Ursachen für Unterschiede zu erkennen und nach Möglichkeit Präventionsmaßnahmen aufzuzeigen. Aber die wissenschaftliche Erforschung der Altersprozesse hat lange auf sich warten lassen: Den Beginn der systematischen Altersforschung kann man auf die Zeit zwischen den beiden Weltkriegen datieren.

Zur Erklärung der Prozesse des Älterwerdens entwickelten sich nacheinander drei Modelle: Dem Defektmodell liegt die Überzeugung zugrunde, dass mit dem Alter die Funktionen nachlassen, Körperkraft, Reaktion, Sinnestüchtigkeit defekt werden. Die Ursachen sind schicksalhaft vorgegebene organische Ursachen und es wäre gut, wenn man sich schont.

Demgegenüber beschreibt das Disusemodell den mangelnden Gebrauch der eigenen Kräfte als Ursache für den Abbau. Hieraus resultiert die Konsequenz, dass Gebrauch und Training sich positiv auf das Altern auswirken. Also verhindern Anregung, Förderung und Forderung das Altern. Altern ist nach dieser Vorstellung weniger vom Schicksal abhängig, sondern kann durch individuelle Aktivitäten beeinflusst werden. Hierbei wird die Bedeutung einer qualitativen Veränderung und Entwicklung allerdings nicht betont.

Gelingen und Misslingen von Rollen

Diese beiden Modelle geistern unbeirrt durch unsere Köpfe. Mancher möchte sich schonen, um die gegebenen Fähigkeiten nicht zu schnell zu verbrauchen (Defektmodell). Weit verbreitet ist heute aber das Bemühen, Jugend, Kraft und Schönheit so lange wie möglich durch Training zu erhalten. Das Ideal ist somit das mittlere Erwachsenenalter.

Wenn wir uns nun an Goethe erinnern („das neue Rollenfach übernehmen“), nähern wir uns dem dritten hier vorgestellten Modell: dem Kompetenzmodell. Es geht hier nicht mehr darum zu messen und zu vergleichen, sondern es wird nach neuen Kompetenzen geschaut, die erst mit dem Alter sichtbar werden. Im Alter sind neue Rollen zu übernehmen. Das Gelingen oder Misslingen in diesen Rollen bestimmt die seelische Gesundheit weitgehend. Und Altern kann man nicht verallgemeinern, sondern es ist ein individueller Prozess. Neue Rollen können beispielsweise auf das sogenannte Empty Nest zurückzuführen sein, die erforderliche Neuorientierung, wenn das jüngste Kind aus dem Haus ist. Oder Partnerverlust oder die Rente oder Krankheiten und Behinderungen…

Wir sollten uns also davor hüten, einem Ideal nachzulaufen. Die Gefahr besteht zum Beispiel bei dem zu Beginn dieses Textes als Beispiel genannten Bild vom fitten Senior. Der Kölner Sportpädagoge Dieter Hackfort sieht die Gefahr, dass Sport überschätzt und überbewertet wird und damit undifferenziert und unreflektiert betrieben wird. Wenn Sport so viele und so unterschiedliche Anforderungen erfüllen soll, sieht Hackfort auch die Gefahr, etliche Anforderungen in mancher Hinsicht zu enttäuschen.

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